„Vienna Film Incentive“: Hebel für Visitor Economy und Filmstadt Wien
Wien, allein im Jahr 2021 Schauplatz von rund 80 internationalen Produktionen für Kino und TV, ruft mit dem „Vienna Film Incentive“ eine Förderung ins Leben, die nicht nur klassischen Filmproduktionen, sondern auch Serien offensteht – und dezidiert auch Produktionen für Streaming-Anbieter anspricht. „Das Vienna Film Incentive ist ein zeitgemäßes Förderinstrumentarium. Indem es auch Formate als förderbar betrachtet, die für Streaming-Anbieter produziert werden, trägt es den aktuellen Entwicklungen in der Filmindustrie Rechnung“, erklärt Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke. „Die neue Förderschiene ist explizit als Filmförderung zu verstehen, die auf die Tourismuswirtschaft Bezug nimmt. Sie soll der Wiener Visitor Economy zugutekommen – den Wirtschaftstreibenden und dem Tourismusstandort“, so der Stadtrat.
Hanke: „Zwei Millionen Euro für Tourismus und Wirtschaft“
„Im Rahmen des Vienna Film Incentive investiert die Stadt Wien bis Ende 2023 zwei Millionen Euro, um internationale Filmemacher für Wien zu begeistern. Gefördert werden internationale Produktionen, die zur Gänze oder teilweise in Wien gedreht werden und mindestens zwei Tage dauern. Neben den wirtschaftlichen Primäreffekten, etwa der Wertschöpfung, die im Rahmen einer Produktion durch Ausgaben vor Ort entsteht, und damit verbundenen Beschäftigungseffekten zielen wir insbesondere auf die touristische Imagebildung ab. Denn Wien als Drehort bedeutet nicht nur Aufträge für die lokale Wirtschaft, standortwirksame Aufwendungen für Nächtigungen oder die Verpflegung der Filmteams, sondern zahlt langfristig auch in die touristische Attraktivität der Stadt ein. Daher ist das neue Vienna Film Incentive operativ auch im WienTourismus angesiedelt“, erklärt Hanke. „Mit der Einbeziehung der Video-On-Demand-Services zollen wir einem der am stärksten gewachsenen Segmente der internationalen Filmindustrie Bedeutung.“
Video on Demand: Wachsende Bedeutung
Produktionen wie der jüngste Wiener Netflix-Dreh zu „Tyler Rake: Extraction 2“ mit dem australischen Filmstar Chris Hemsworth Anfang des Jahres unterstreichen die wachsende Rolle der Streamingdienste bei internationalen Blockbustern. Diese wurde in der im September 2021 erschienenen Studie „Cultural Affinity and Screen Tourism“ von UNWTO und Netflix konkretisiert: 2015 war Netflix noch in 50 Ländern verfügbar, 2017 bereits in 190 Ländern. Amazon Prime Video wuchs alleine 2019 um 100 Millionen Zuseher:innen. Der Dienst Disney+ startete im November 2019, erreichte bereits im Oktober 2020 sein Ziel für 2024 mit über 70 Mio. Abonnent:innen. Für „Extraction 2“ gab Netflix Berichten zufolge mehr als fünf Millionen Euro in der Stadt aus. Die Vorbereitungen dafür liefen etwa ein halbes Jahr, zwei Wochen lang wurde gedreht, involviert waren rund 900 Filmschaffende aus dem In- und Ausland. Auch hinter klassischen Produktionen, die ihren Weg zuerst ins Kino finden, stehen beachtliche Investments: „Mission Impossible – Rogue Nation“ (2015) etwa brachte kolportierte 3,5 Mio. Euro Gesamtausgaben in Österreich – und Tom Cruise, der sich von der Wiener Staatsoper abseilte: Inspiration für 69 Millionen Kinobesucher weltweit.
Kettner: Bewegtbild Teil des Kanons touristischer Imagebildung
Der WienTourismus ist Anlauf- und Abwicklungsstelle des „Vienna Film Incentive“. Tourismusdirektor Norbert Kettner erklärt den Zugang: „Bewegtbild gehört seit der Geburtsstunde des Films 1895 zum Kanon der Imagebildung einer Destination. Mit der neuen Förderschiene erweitern wir unser Portfolio: Zusätzlich zur klassischen internationalen Marketingkommunikation können wir nun auch gezielt das Instrument der Filmförderung nutzen, das auf die Steigerung der Wahrnehmung bei potenziellen Besucher:innen abzielt. Besondere Relevanz hat dies vor allem bei der Erschließung von Fernmärkten, wo wir Bekanntheitsgrad und Imagefaktor Wiens über den Hebel der Populärkultur noch weiter steigern wollen. Aus unserer regelmäßigen Gästebefragung, die zuletzt in den Jahren 2018 und 2019 durchgeführt wurde, wissen wir, dass schon jetzt rund 8 Prozent der Wien-Gäste durch Film, Fernsehen oder Hörfunk auf die Destination aufmerksam geworden sind. Das Potenzial, das wir mit dem Vienna Film Incentive heben wollen, liegt sogar noch höher, wie uns unser Forschungspartner TCI-Research attestiert.“
Filme als Reisemotiv für Wien weit über Europa-Norm
Dem „Travelsat-Index“ des in Brüssel ansässigen, global tätigen Online-Marktforschungsunternehmens TCI-Research zufolge wählten im Zeitraum 2017-2019 rund 100 Millionen internationale Reisende ihre Destination hauptsächlich aufgrund von Filmen aus. Dabei attestieren die Analysen Wien einen Wettbewerbsvorteil im europäischen Vergleich. Dies zeigt die Frage nach dem Einfluss von Filmen auf die Reiseentscheidung, dem sogenannten „filminduzierten Attraktivitätsindex“, der darüber Aufschluss gibt, wieviel Zugkraft eine Destination bei Film-Fans besitzt bzw. welchen Beitrag das Medium Film zur Reiseentscheidung geleistet hat. Die europäische Norm liegt bei 100, Wien mit einem Wert von 170 signifikant darüber. Die Analyse kommt zum Schluss, dass sich eine(r) von zehn Besucher:innen hauptsächlich aufgrund eines Filmes für Wien entscheidet. „Filme und Tourismusmarketing ergänzen sich ideal“, fasst Kettner zusammen.
Film-Fans als Multiplikator:innen
Generell sind Besucher:innen, die sich von Filmen zu Urlaubsreisen inspirieren lassen, laut TCI auch um etwa 10 Prozent empfänglicher für Destinationswerbung als der Durchschnitt aller Besucher:innen und reisen auch außerhalb der Hochsaison häufiger. Zugleich teilen sie ihre Reiseerfahrungen aktiver in sozialen Netzwerken (+27%) und weisen höhere Weiterempfehlungsraten auf als der Durchschnitt (+6%). Sie nehmen während ihrer Reise mehr an kulturellen oder naturbezogenen Aktivitäten teil (+19%) und sind auch mit den meisten Aspekten ihres Aufenthalts zufriedener. So liegen etwa Zufriedenheitsraten bei Führungen und Ausflügen (+31 %), landschaftlicher Schönheit (+21 %) und Freizeit und kultureller Vielfalt (+29 %) höher als beim Durchschnitt. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in der Zielgruppe der Millennials und auf ausgabefreudigen Märkten wie China oder den Golfstaaten (GCC).
Chance für Produktgestaltung
„Der Einfluss von Filmen bietet nicht nur im Destinationsmarketing Möglichkeiten, er kann auch für Wiens Visitor Economy Chancen bedeuten, etwa beim Aufbau erlebnisorientierter Tourismusprodukte, die diese wachsende Nachfrage der Reisenden befriedigen. Wir sehen das bereits sehr eindrucksvoll beim 1949 gedrehten Film ‚Der dritte Mann‘, dem in Wien bereits ein eigenes Museum sowie eine eigene Kanaltour gewidmet ist. Filmtourismus kann sich im Idealfall langfristig positiv auf die Visitor Economy und die Markenbildung auswirken“, so Kettner.
Trumpfkarte für Filmstandort Wien bei Akquise
Maßgeblich an der Erstellung der Richtline beteiligt war die Vienna Film Commission, die zusammen mit dem WienTourismus im Vienna Film Incentive einen starken Hebel sieht, international leuchtstarke Produktionen nach Wien zu holen. „Angebote wie das Vienna Film Incentive sind ein enormer Motivationsfaktor für Filmschaffende, eine Trumpfkarte in der Akquise und damit exakt jener Schritt, den es braucht, um den Filmstandort Wien international noch stärker zu positionieren. Ich weiß aus zahlreichen Gesprächen mit Filmstudios und Streaming-Anbietern, dass Wien ein überaus attraktiver Drehort ist, in der Vergangenheit aber nicht selten aufgrund eines fehlenden Incentives dann doch keinen Zuschlag erhalten hat. Mit dem Vienna Film Incentive hat sich die Ausgangssituation nun grundlegend verändert. Wir können es kaum erwarten, diese Neuigkeit auf den internationalen Filmmärkten und bei Branchenevents der Filmindustrie zu verkünden“, erklärt Marijana Stoisits, Geschäftsführerin der Vienna Film Commission.
Förderbare internationale Filmproduktionen
Ausschließlich jene Ausgaben, die in Wien getätigt werden und damit den Wirtschaftsstandort Wien stärken, werden im Rahmen des Vienna Film Incentive unterstützt. Förderbar sind internationale fiktionale und nicht-fiktionale Filmproduktionen, die zumindest zwei Drehtage in Wien beanspruchen und deren Länge zumindest 45 Minuten beträgt (bei Serien können einzelne Folgen zusammengezählt werden). Zugleich ist Voraussetzung, dass eine österreichische Serviceproduktionsfirma mit an Bord ist. Außerdem ist darzulegen, ob die Produktion für Kino, TV oder einen Video-on-Demand-Dienst durchgeführt wird. Die Gesamtherstellungskosten müssen bei Spielfilmen mindestens vier Millionen Euro betragen, bei Dokumentarfilmen bei mindestens 500.000 Euro liegen (förderfähige Herstellungskosten in entsprechender Höhe sind nachzuweisen). Ein Kosten-, Zeit- und Finanzierungsplan ist ebenfalls vorzulegen. Die Förderquote beträgt maximal 30 Prozent der förderungsfähigen Herstellungskosten. Die maximale Obergrenze der Fördersumme beträgt je Projekt 400.000,- Euro.
Ausreichend Wien-Bezug? Förderkriterien nach Punktesystem
Industrie-, Werbe-, oder Imagefilme, Show-Programme, Magazine, Reportagen oder reine Theater-, Opern- und Konzertaufnahmen können nicht gefördert werden. Interessenten müssen im Bewerbungsprozess außerdem eine Checkliste ausfüllen, die anhand eines Punktesystems unter anderem Aufschluss darüber gibt, wie viele Szenen in Wien spielen und welche Motive zur Verwendung kommen. Sie klärt außerdem ab, ob der Film auf bestehenden Stoffvorlagen, etwa mit Wien verbundenen literarischen Werken basiert, Themen von gesellschaftlicher oder kultureller Relevanz für Wien behandelt oder ob österreichische Filmschaffende an der Produktion Beteiligung finden. Die Förderung wird nur gewährt, wenn das Vorhaben die erforderliche Anzahl an Kriterien erfüllt bzw. eine jeweils geforderte Mindestanzahl an Punkten erreicht.
Einreichung über WienTourismus – ab sofort online möglich
Anträge können ab sofort laufend bis zur Mittelerschöpfung eingereicht werden. Die Einreichung erfolgt online über die Website https://filmincentive.vienna.info. Hier sind zugleich sämtliche für eine Einreichung notwendigen Informationen samt der vollständigen Förderrichtlinie zu finden. Nach Prüfung aller erforderlichen Unterlagen gilt das Prinzip „first-come, first-served“.
Set-Jetting: Gute Gründe nach Wien zu kommen
Bereits 1922, zum Beginn der Filmindustrie, wurde Wien als Drehort für den Film „Sodom und Gomorrha – Die Legende von Sünde und Strafe” ausgewählt. Gedreht wurde etwa in Favoriten und im Kurpark Oberlaa. An den Dreharbeiten für diesen Monumental-Stummfilm waren mehrere Tausend Darsteller:innen, Kompars:innen und Mitarbeiter:innen beschäftigt. „Set-Jetting“ nennt sich heute der Trend, der beschreibt, wie Filmfans Schauplätze von Erfolgsserien und Kultfilmen zu ihrem Urlaubsziel machen. Filmtourismus geht dabei bis auf die Mitte des vorigen Jahrhunderts zurück. Der in Wien spielende britische Film „Der dritte Mann ” aus dem Jahr 1949 – im Jahr 1998 vom American Film Institute auf Platz 57 der 100 besten amerikanischen Filme, 1999 vom British Film Institute auf Platz 1 der größten britischen Filme aller Zeiten gewählt – gilt als eines der frühesten Beispiele für Filmtourismus. Neben Orson Welles spielt das Riesenrad im Wiener Prater eine wichtige Rolle im Film. Die „Sissi“-Trilogie ist seit den 1950ern ein Welterfolg. Hauptdarsteller neben Romy Schneider: Schloss Schönbrunn. Eine andere ehemalige Habsburgerresidenz, die Hofburg, musste 1993 kurioserweise als Double für Paris herhalten: Die Dreharbeiten zu „Die drei Musketiere“ mit Charlie Sheen und Kiefer Sutherland wurden an die Donau verlegt. Im Burggarten, wo viele Szenen gedreht wurden, tummelten sich bis zu 1.000 Statist:innen.
Wien, ein gern gesehener Filmstar
Als James Bond ermittelte Timothy Dalton 1986 für „Der Hauch des Todes“ in Wien und sorgte im Prater, der Volksoper, in Schönbrunn und im Gasometer für Action. Romantischer – und weltweit auch heute noch unter den am meisten beachteten Produktionen – waren die Dreharbeiten zu „Before Sunrise“ 1994: Ethan Hawke verbringt mir seiner großen Liebe 14 Stunden in Wien. Neben Hawke und Julie Delpy sind Albertina, Prater, Hofburg, Donaukanal, Ringstraße und Votivkirche zu sehen. Für das Psychoanalyse-Drama „Eine dunkle Begierde“ standen Viggo Mortensen, Keira Knightley und Michael Fassbender beim Belvedere und im Sigmund Freud Museum vor der Kamera. Tom Cruise seilte sich für „Mission Impossible – Rogue Nation“ 2015 von der Wiener Staatsoper ab, wo dann auch die Weltpremiere des Blockbusters gefeiert wurde. Zugleich diente Wien als Drehort und Kulisse für „Die Frau in Gold“ rund um die Restituierung des Bildnisses „Adele Bloch-Bauer" von Gustav Klimt an Maria Altmann im Jahre 2006 durch die Republik Österreich. Neben Helen Mirren, Ryan Reynolds und Daniel Brühl zu sehen: Rathaus, Schloss Belvedere, Hotel Sacher, Semperdepot, Akademie der Bildenden Künste, Judenplatz, Domgasse, Konzerthaus und Staatsoper. Fortsetzung folgt!
Download Förderrichtlinie
Die vollständige Förderrichtlinie zum „Vienna Film Incentive“ ist ab sofort unter https://filmincentive.vienna.info abrufbar.