Vienna Film Incentive: Hebel für die Filmstadt und ihre Visitor Economy
Mehr als 1.000 Drehansuchen gab es 2022 in Wien, über 600 Projekte wurden laut Bilanz der Vienna Film Commission davon realisiert. Um internationale Produktionen für Kino und TV nach Wien zu holen, rief die Stadt Wien 2022 das „Vienna Film Incentive“ ins Leben – eine Förderung, die nicht nur klassischen Filmproduktionen, sondern auch Serien offensteht und dezidiert auch Produktionen für Streaming-Anbieter anspricht. „Das Vienna Film Incentive ist ein zeitgemäßes Förderinstrumentarium. Indem es auch Formate als förderbar betrachtet, die für Streaming-Anbieter produziert werden, trägt es den aktuellen Entwicklungen in der Filmindustrie Rechnung“, erklärte Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke anlässlich der Präsentation der neuen Förderschiene im Frühjahr 2022. Das Vienna Film Incentive ist als Filmförderung zu verstehen ist, die explizit auf die Tourismuswirtschaft Bezug nimmt. Sie soll auf dem Weg aus der Pandemie der Wiener Visitor Economy zugutekommen – den Wirtschaftstreibenden und dem Tourismusstandort.
Zwei Millionen Euro für Tourismus und Wirtschaft
Im Rahmen des Vienna Film Incentive investiert die Stadt Wien bis Ende 2023 zwei Millionen Euro, um internationale Filmemacher für Wien zu begeistern. Gefördert werden internationale Produktionen, die zur Gänze oder teilweise in Wien gedreht werden und mindestens zwei Tage dauern. Neben den wirtschaftlichen Primäreffekten, etwa der Wertschöpfung, die im Rahmen einer Produktion durch Ausgaben vor Ort entsteht, und damit verbundenen Beschäftigungseffekten wird insbesondere auf die touristische Imagebildung abgezielt. Denn Wien als Drehort bedeutet nicht nur Aufträge für die lokale Wirtschaft, standortwirksame Aufwendungen für Nächtigungen oder die Verpflegung der Filmteams, sondern zahlt langfristig auch in die touristische Attraktivität der Stadt ein. Daher wurde das neue Vienna Film Incentive operativ auch im WienTourismus angesiedelt. Er ist seine Anlauf- und Abwicklungsstelle.
Bewegtbild Teil des Kanons touristischer Imagebildung
Filme und Tourismusmarketing ergänzen sich ideal. Bewegtbild gehört seit der Geburtsstunde des Films 1895 zum Kanon der Imagebildung einer Destination. Mit der neuen Förderschiene erweitert der WienTourismus sein Portfolio: Zusätzlich zur klassischen internationalen Marketingkommunikation nutzt er damit auch gezielt das Instrument der Filmförderung, das auf die Steigerung der Wahrnehmung bei potenziellen Besucher:innen abzielt. Besondere Relevanz hat dies vor allem bei der Erschließung von Fernmärkten, wo Bekanntheitsgrad und Imagefaktor Wiens über den Hebel der Populärkultur noch gesteigert werden sollen.
Filme als Reisemotiv für Wien weit über Europa-Norm
Dem „Travelsat-Index“ des in Brüssel ansässigen, global tätigen Online-Marktforschungsunternehmens TCI-Research zufolge wählten im Zeitraum 2017-2019 rund 100 Millionen internationale Reisende ihre Destination hauptsächlich aufgrund von Filmen aus. Dabei attestieren die Analysen Wien einen Wettbewerbsvorteil im europäischen Vergleich. Dies zeigt die Frage nach dem Einfluss von Filmen auf die Reiseentscheidung, dem sogenannten „filminduzierten Attraktivitätsindex“, der darüber Aufschluss gibt, wieviel Zugkraft eine Destination bei Film-Fans besitzt bzw. welchen Beitrag das Medium Film zur Reiseentscheidung geleistet hat. Die europäische Norm liegt bei 100, Wien mit einem Wert von 170 signifikant darüber. Die Analyse kommt zum Schluss, dass sich eine:r von zehn Besucher:innen hauptsächlich aufgrund eines Filmes für Wien entscheidet.
Film-Fans als Multiplikator:innen
Generell sind Besucher:innen, die sich von Filmen zu Urlaubsreisen inspirieren lassen, laut TCI auch um etwa 10 Prozent empfänglicher für Destinationswerbung als der Durchschnitt aller Besucher:innen und reisen auch außerhalb der Hochsaison häufiger. Zugleich teilen sie ihre Reiseerfahrungen aktiver in sozialen Netzwerken (+27%) und weisen höhere Weiterempfehlungsraten auf als der Durchschnitt (+6%). Sie nehmen während ihrer Reise mehr an kulturellen oder naturbezogenen Aktivitäten teil (+19%) und sind auch mit den meisten Aspekten ihres Aufenthalts zufriedener. So liegen etwa Zufriedenheitsraten bei Führungen und Ausflügen (+31%), landschaftlicher Schönheit (+21%) und Freizeit und kultureller Vielfalt (+29%) höher als beim Durchschnitt. Besonders ausgeprägt ist dieser Trend in der Zielgruppe der Millennials und auf ausgabefreudigen Märkten wie China oder den Golfstaaten (GCC).
Förderbare internationale Filmproduktionen
Ausschließlich jene Ausgaben, die in Wien getätigt werden und damit den Wirtschaftsstandort Wien stärken, werden im Rahmen des Vienna Film Incentive unterstützt. Förderbar sind internationale fiktionale und nicht-fiktionale Filmproduktionen, die zumindest zwei Drehtage in Wien beanspruchen und deren Länge zumindest 45 Minuten beträgt (bei Serien können einzelne Folgen zusammengezählt werden). Zugleich ist Voraussetzung, dass eine österreichische Serviceproduktionsfirma mit an Bord ist. Außerdem ist darzulegen, ob die Produktion für Kino, TV oder einen Video-on-Demand-Dienst durchgeführt wird. Die Gesamtherstellungskosten müssen bei Spielfilmen mindestens vier Millionen Euro betragen, bei Dokumentarfilmen mindestens 500.000 Euro. Die Förderquote beträgt maximal 30 Prozent der förderungsfähigen Herstellungskosten. Die maximale Obergrenze der Fördersumme beträgt je Projekt 400.000 Euro. Industrie-, Werbe-, oder Imagefilme, Show-Programme, Magazine, Reportagen oder reine Theater-, Opern- und Konzertaufnahmen können nicht gefördert werden. Interessenten müssen im Bewerbungsprozess außerdem eine Checkliste ausfüllen, die anhand eines Punktesystems unter anderem Aufschluss darüber gibt, wie viele Szenen in Wien spielen und welche Motive zur Verwendung kommen. Sie klärt außerdem ab, ob der Film auf bestehenden Stoffvorlagen, etwa mit Wien verbundenen literarischen Werken basiert, Themen von gesellschaftlicher oder kultureller Relevanz für Wien behandelt oder ob österreichische Filmschaffende an der Produktion Beteiligung finden. Die Förderung wird nur gewährt, wenn das Vorhaben die erforderliche Anzahl an Kriterien erfüllt bzw. eine jeweils geforderte Mindestanzahl an Punkten erreicht, und läuft zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses bis Ende 2023.